Mobbingvorwürfe und Börsenverluste in Millionenhöhe: Wie weit dürfen Staatsbetriebe gehen? 

Seit Monaten lenken gleich mehrere staatsnahe Unternehmen die politische Aufmerksamkeit auf sich. Die Gründe dafür sind meist wenig rühmlich bis beschämend. Das ist auch der Fraktion der Vaterländischen Union (VU) aufgefallen, welche die "aktuelle Stunde” der Mai-Session des Landtags für die Klärung folgender Frage nutzen möchte: “Service public: Was muss, was soll, was kann der Staat?”

28. April 2023 | Rita Feger
Liechtenstein

Die VU-Fraktion sieht die Regierung immer mehr mit Problemen gemischtwirtschaftlicher Unternehmen beschäftigt, wie jüngst die Beispiele der Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) betreffend einer aussergerichtlichen Vergleichszahlung in Millionenhöhe oder die um ein Vielfaches höheren  Börsenverluste der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein (SPL) zeigen. Aber auch die Mobbingvorwürfe, denen sich Radio Liechtenstein vor kurzem öffentlich stellen musste oder die knapp zwanzig Millionen Franken, die für den geplanten Spitalneubau fehlen, sind weitere Indizien dafür, dass etwas nicht stimmen kann. 

Kurz, die Glaubwürdigkeit dieser halbprivaten Unternehmen hat unter Misswirtschaft und Fehlverhalten gelitten. Das fällt zwangsweise auf die Regierung zurück, welche diese Unternehmen nicht nur gewähren lässt, sondern fördert. Gelöst werden die genannten Probleme, indem die Fehlbeträge betroffener Unternehmen auf den Steuerzahler abgewälzt werden. Wie aktuell im Falle von doppelt hohen Stromrechnungen, die vor dem Otto Normalverbraucher kaum zu rechtfertigen sind.

Folglich möchte sich die VU-Fraktion im Rahmen der kommenden “aktuellen Stunde“ mit der Frage auseinandersetzen: Darf der Staat das überhaupt? “Was nützen uns Netzinfrastrukturen und eine staatliche Oberaufsicht, wenn nicht gewährleistet werden kann, dass uns diese Dienstleistungen günstig angeboten werden können?”, so ein Zitat der Medienmitteilung. 

Ausserdem macht die VU in ihrem Schreiben darauf aufmerksam, dass ein so wichtiges Thema wie der service public weder auf Verfassungs- noch auf Gesetzesebene geregelt sei. Dies ganz im Gegensatz zu Themen wie Bildung, Wirtschaftsförderung oder Umweltschutz. Eine Studie der Stiftung Zukunft.li, «Service public. Weniger Staat – mehr Privat» aus dem Jahr 2021 hätte zudem aufgezeigt, dass keine verbindliche Definition darüber existiere, was service public sein, geschweige denn umfassen soll. Für die VU stelle sich daher die Frage, wie viel Staat im service public stecken müsse beziehungsweise wie privat ein service public überhaupt sein dürfe: Welche Aufgaben muss der Staat übernehmen, welche sollte er übernehmen und welche kann er übernehmen? 

 

→Stiftung Zukunft.li, «Service public. Weniger Staat – mehr Privat», Juni 2021. Abrufbar unter https://www.stiftungzukunft.li/application/files/2016/2261/6743/Web_-_stiftung-zukunft_-_service-public-studie_-_inhalt.pdf

 



Eingang des Landtagsgebäudes in Vaduz.

Bild: Roland Rick