Liechtenstein kann Bosnien nicht ärgern und verliert

Auch das siebte EM-Qualispiel ging für Liechtenstein (Fifa-Ranking 199) verloren. Gegen Bosnien & Herzegowina, die 63 im Fifa-Ranking, setzte es eine 0:2 (0:2)-Niederlage ab. Es war eine einseitige Angelegenheit. Amar Rahmanovic (13.) und Miroslav Stevanovic (41.) erzielten die siegbringenden Tore der Bosnier, die nie Gefahr liefen, die Spielkontrolle zu verlieren.

14. Oktober 2023 | Ernst Hasler
Gesellschaft

Liechtenstein konnte nicht an die Leistung des Hinspiels anknüpfen, als eine knappe 2:1-Niederlage resultiert hatte. Vor allem im Mittelfeld fehlten die Entlastungen, weil bei Ballbesitz oft der Mut fehlte, um den Ball zu behaupten. Wieser in der Abwehr und Göppel im Mittelfeld waren noch die stärksten Liechtensteiner Akteure. Italien-Rückkehrer Marcel Büchel ist leider zu wenig oft gesucht worden. Im Angriff fehlte aktuell die Qualität, um auch gegen ein Bosnien, das intern mit vielen Problemen zu kämpfen hatte, für Torgefahr zu sorgen. Die bosnischen Fans sorgten mit ihrem dummen Verhalten für mehrere Spielunterbrüche. 

Klares Verdikt

In der Startphase tat sich Liechtenstein schwer, um Entlastung herbeizuführen. Es waren die bosnischen Fans, die Rauch auf den Tribünen entfachten und das Spielfeld in eine Nebellandschaft hüllten. Nach dreiminütiger Unterbrechung gings in der Folge weiter.

Torhüter Büchel konnte sich bei einem Dzeko-Volley auszeichnen (6.) und auf der Gegenseite jagte Sandro Wolfinger den Ball ins Seitennetz (9.). Nachdem die Liechtensteiner Abwehr den Ball nicht aus der Gefahrenzone brachte, behielt Rahmanovic die Übersicht und schoss zwischen drei Liechtensteiner Beinen den Ball ins Tor (0:1): Dzeko war an Büchel gescheitert, konnte den Abpraller übernehmen, schoss den Ball an den Rücken von Lüchinger, wovon er Rahmanovic vor die Beine fiel und der vollstreckte.

Nachdem der VAR ein Tor von Stevanovic wegen klarem Abseits aberkannte (20.), musste er kurz vor der Halbzeit nicht mehr eingreifen, als Torhüter Büchel einen lang gezogenen Flankenball unterschätzte, Stevanovic traf aus spitzem Winkel (0:2). Dieses zweite Tor hatte sich abgezeichnet, denn Bosnien liess nichts anbrennen und suchte vehement die Offensive, derweil im Liechtensteiner Team die Entlastungen fehlten.

Dzeko verzog seinen Drehschuss (15.), Büchel krallte die zwei zentralen Demirovic-Schüsse (17./18.) und Wieser klärte stark vor dem einschussbereiten Dzeko (33.). Demirovic brachte in der Folge den Ball im «Fünfmeterraum» nicht unter Kontrolle (35.), Dzeko verzog seinen Schlenzer (47.+) und den Demirovic-Kopfball bändigte Büchel sicher (52.+). Es war ein Spiel auf ein Tor, wobei Sandro Wolfinger nach einem Zusammenstoss mit Torhüter Büchel früh ausschied (Schulterverletzung?).

Liechtenstein konnte nicht an den Auftritt im Hinspiel in Zenica (2:1-Niederlage) anknüpfen. Das FL-Mittelfeld konnte zu wenig Entlastung herbeiführen und tat sich mit der robusten Gangart der Bosnier schwer.

Göppel mit bester Torchance

Anfangs der zweiten Halbzeit standen die bosnischen Fans im Mittelpunkt. Sie zündeten Pyros zündeten und warfen sie teilweise aufs Spielfeld. Der polnische Ref Sylwestrza unterbrach dreimal und beorderte Captain Dzeko, mit den Fans zu sprechen. Entsprechend sauer war Liechtensteins Nationaltrainer Konrad Fünfstück über jenes Verhalten, der sich ärgerte und festhielt, dass bei der derzeitigen tristen Weltlage ein Fussballfest angesagt war.

Irgendwann ist wieder Fussball gespielt worden. Bosnien drängte auf ein weiteres Tor, derweil Liechtenstein die defensive Ordnung hielt, aber weiterhin keine Entlastung herbeiführen konnte.

Demirovic zielte zu hoch (63.), derweil Dzeko zu drei Kopfbällen kam: Zweimal blieb Büchel der Sieger (65. / 83.) und beim dritten Abschluss landete der Ball auf dem Tordach (70.). Ein Dzeko-Schüsschen fiel harmlos aus (75.), Pjanic verfehlte den Kasten ebenfalls weit (77.) und der fleissige Demirovic sah seinen Schrägschuss von Büchel pariert. Und Liechtenstein schliesslich besass einen Hochkaräter: Nach einem missratenen Querpass erlief sich Göppel den Ball und schoss zentral auf Torhüter Dedic, statt quer auf den ungedeckten Sele zu legen (88.), der das leere Tor vor sich hatte.

Liechtenstein fehlte die Präzision im Spiel nach vorne. Leider ist Rückkehrer Marcel Büchel, der fussballerisch gute Ansätze zeigte, im Mittelfeld «vergessen» worden. Allerdings muss angemerkt werden, dass Bosnien stärker auftrat als noch vor einem Monat in Zenica.

Wieser, der Stärkste

Sandro Wieser ist als zentraler Innenverteidiger aufgelaufen. Er hielt die Bälle gut im Spiel, war stets um ein konstruktives Zuspiel bemüht, lediglich seine Wechselpässe kamen nicht wunschgemäss an den Mann, dennoch war er der stärkste Liechtensteiner (Note: 4,5). Torhüter Büchel kam nicht wunschgemäss auf Touren, obwohl er einige tückische Flachschüsse der Bosnier entschärfte. Vor dem 0:2 liess er eine Flanke passieren und just nutzte Stevanovic den Faux-pas des FL-Keepers (3,5).

Der rechte Innenverteidiger Andreas Malin spielte solide, konnte aber in den 1:1-Duellen nicht immer reüssieren (3,0). Der linke Innenverteidiger Jens Hofer wirkte etwas frischer und entschlossener; liess sich einige Male von seiner Position weglocken (3,5). Auf der rechten Aussenbahn startete Sandro Wolfinger mutig, traf früh mit einem Volley «nur» das Seitennetz (9.). Nach einem Zusammenstoss mit Büchel musste er den Platz verlassen (3,5). Simon Lüchinger geizte nicht mit Aggressivität, wies aber eine sehr hohe Fehlerquote auf, liess sich mehrmals den Ball relativ leichtfertig abluchsen (2,5).

Rückkehrer Marcel Büchel konnte die ersten zwei, drei Verlagerungen nicht wunschgemäss anbringen, ging im ersten Abschnitt etwas unter, steigerte sich mit Fortdauer und hielt in Halbzeit zwei die Bälle recht ordentlich (3,5). Auf der linken Aussenbahn agierte Maximilian Göppel sehr fleissig und mutig. Er suchte stets den Vorstoss, leider erreichten seine Flanken keinen Mitspieler. Als er hervorragend antizipierte schoss er den Ball zentral in die Arme von Torhüter Dedic und übersah dabei Mitspieler Sele, der frei stand (4,0).

Aron Sele lief im Fünfermittelfeld auf und stiess ständig hinter die zwei Sturmspitzen vor. Das erforderte viel Laufvermögen und Körner, er konnte seine Zweikampfstärke nicht wunschgemäss einbringen, weil die Bosnier den Ball mit ihrem One-Touch-Fussball (eine Berührung) sehr schnell laufen liessen (3,5). Die zwei Sturmspitzen Fabio Luque Notaro und Dennis Salanovic hatten einen schweren Stand. Luque Notaro konnte sich nicht durchsetzen und traf meistens die falsche Entscheidung; er muss robuster werden  (2,0). Salanovic absolvierte auch ein grosses Laufpensum, liess trotz Freiräume den Mut vermissen, hielt zwar den Ball in den eigenen Reihen, statt mutig ins 1:1 zu gehen (3,0).

Die Einwechselspieler hatten kein einfaches Los, wobei Severin Schlegel früh für Wolfinger kam. Er startete agil bis zur Halbzeit, gefiel mit seinem Mut, baute aber in der zweiten Halbzeit nach 70 Minuten sehr stark ab und verlor viele Bälle (3,0). Martin Marxer übernahm den Part in der Innenverteidigung, rettete zweimal aufmerksam, im Spiel nach vorne gibt’s Verbesserungspotenzial (3,0). Kenny Kindle gab als Stürmer sein Debüt; auch er tat sich schwer, um sich gegen die robusten Bosnier zu behaupten (2,5). Livio Meier und Julien Hasler kamen lediglich zu einem Kurzeinsatz von drei Minuten und werden deshalb nicht bewertet.

Telegramm: 

Liechtenstein – Bosnien & Herzegowina 0:2 (0:2)

Rheinpark Stadion, Vaduz (BIH): 5’874 Zuschauer (ausverkauft). Schiedsrichter Damian Sylwestrza (Pol), assistiert von Adam Kupsik und Adam Karasewicz (Kas).

Liechtenstein: Benjamin Büchel; Malin (ab 71. Martin Marxer), Wieser, Hofer; Sandro Wolfinger (ab 33. Schlegel /ab 96. Meier)), Lüchinger, Marcel Büchel, Sele, Göppel; Luque Notaro (ab 71. Kenny Kindle), Salanovic (ab 96. Julien Hasler).

Bosnien & Herzegowina: Sehic; Dedic (ab 93. Gazibegovic), Barisic (ab 78. Gojkovic), Hadzikadunic, Kolasinac (ab 87. Civic); Pjanic (ab 78. Hadziahmetovic), Cimirot; Stevanovic, Rahmanovic, Demirovic; Dzeko (ab 87. Bilbija).

Tore: 0:1 13. Amar Rahmanovic; 0:2 41. Miroslav Stevanovic.

Bemerkungen: Liechtenstein ohne Nicolas Hasler, Frommelt, Saglam, Philipp Gassner, Fabio Wolfinger (verletzt) und Noah Frick (kein Aufgebot). Bosnien ohne Ahmedhodzic, Milicevic (verletzt). Abseitstor von Stevanovic annulliert (20.). Sandro Wolfinger verletzt ausgeschieden (33.). Debüt für Bosniens Nationaltrainer Savo Milosevic. Spiel in der 2. Minute für 3 Minuten unterbrochen. Nachdem die bosnischen Fans Leuchtpetarden aufs Spielfeld warfen, musste die Partie erneut für 4 und 3 Minuten unterbrochen werden (50.). Verwarnung für Salanovic (33. – Foul).

Eckenverhältnis: 0:11 (0:3).

Spielanalyse von Nationaltrainer Fünfstück

Nationaltrainer Konrad Fünfstück bei seiner Einschätzung zum EM-spiel gegen Bosnien & Herzegowina. Videos: Ernst Hasler

Bosniens Nationalteam vor dem Kick-off. Bild: Ernst Hasler

Pyros der bosnischen Fans sorgten für Spielunterbrüche. Bild: Ernst Hasler

 

Liechtensteins Nationalteam beim Abspielen der Hymne.

Bild: Ernst Hasler