EU-Staaten einigen sich auf Asylkompromiss

Brüssel - Im Streit um die Asylreform haben sich die EU-Staaten auf einen Kompromiss geeinigt. Die Mitgliedsländer machten nach Angaben der spanischen Ratspräsidentschaft bei der Sitzung der ständigen Vertreter am Mittwoch in Brüssel den Weg für die sogenannte Krisenverordnung frei, die als letzter Baustein der Reform gilt. 

5. Oktober 2023 | News International
Politik

Die Krisenverordnung sieht deutlich verschärfte Massnahmen vor, wenn – wie es heisst – durch Migrantinnen und Migranten eine Ăśberlastung der Asylsysteme droht. Ăśber die Krisenverordnung könnte etwa der Zeitraum verlängert werden, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrössert werden, der fĂĽr die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt.

„Es ist ein Schritt in die richtige Richtung um das Grosse und Ganze in den Vordergrund zu rĂĽcken“, begrĂĽsst Ă–sterreichs Innenminister Gerhard Karner (Ă–VP) die Einigung. Ă–sterreich hat sich bei der Abstimmung aber zusammen mit der Slowakei und Tschechien enthalten. Polen und Ungarn sollen dagegen gestimmt haben. Die Krisenverordnung geht der Regierung in Wien in einzelnen Punkten nicht weit genug. Man begrĂĽsst aber, dass die HĂĽrde fĂĽr das Auslösen der Krisenverordnung hochgesetzt worden sei und dass man einer Reform des EU-Asylsystems näher gekommen ist.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich erfreut ĂĽber die Verständigung der EU-Staaten zu dem Kernelement der geplanten Asylreform. Das sei ein echter „Gamechanger“, teilte von der Leyen am Mittwoch auf der Plattform Twitter (X) mit. Sie begrĂĽsse die erfolgreiche politische Einigung der EU-Staaten.

Streit gab es zuletzt zwischen Deutschland und Italien über die Rolle privater Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer. Mit dem Kompromiss hat sich nun Italien weitgehend durchgesetzt: Auf Drängen der ultrarechten Regierung in Rom wurde nach Diplomatenangaben ein Absatz aus dem Gesetzestext genommen, der sich auf die Einsätze der Seenotretterinnen und Seenotretter bezog. Er besagte, dass die Folgen dieser Rettungseinsätze nicht für die Feststellung des Krisenfalls herhalten dürften. Der Absatz steht nun nur noch als Zusatzklausel in dem Entwurf.

Grundsätzlich sehen die Pläne fĂĽr die EU-Asylreform unter anderem einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern vor, die als relativ „sicher“ gelten. Sie sollen kĂĽnftig nach einem GrenzĂĽbertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort wĂĽrde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprĂĽft werden, ob die Antragsstellerin oder der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll die betreffende Person umgehend zurĂĽckgeschickt werden. EU-Länder, die keine GeflĂĽchteten aufnehmen wollen, sollen zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.

Nach der Einigung heute ist nun der Weg frei fĂĽr Verhandlungen ĂĽber das ganze Asyl- und Migrationspaket mit dem EU-Parlament. Dieses hatte eine Einigung der Mitgliedstaaten auf eine Position zur Krisenverordnung zur Kondition gemacht, damit auch ĂĽber andere Teile des Pakts weiterverhandelt wird.

(APA/AFP/dpa)

 

 



EU-Länder machen Weg für Krisenverordnung frei.

Bild: KENZO TRIBOUILLARD