Bereits ĂĽber 2’000 Tote nach Erdbeben in Marokko 

Rabat/Marrakesch - Die Zahl der Todesopfer durch das Erdbeben in Marokko ist auf 2’012 Menschen gestiegen, teilte das marokkanische Staatsfernsehen am späten Samstagabend unter Berufung auf eine Erklärung des Innenministeriums mit. Die Zahl der Verletzten sei auf 2’059 gestiegen, darunter 1’404 Menschen, die sich in einem kritischen Zustand befänden, hiess es weiter. 

9. September 2023 | News International
Katastrophen & Unfälle

In Gebieten vom Atlasgebirge bis zur Altstadt von Marrakesch wurden Gebäude zerstört und Kulturdenkmäler beschädigt. Marokko rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Wie der Königpalast am Samstag mitteilte, sollen während der Staatstrauer die Fahnen an öffentlichen Gebäuden auf halbmast gesetzt werden. Laut der Erklärung, die von der staatlichen Nachrichtenagentur MAP verbreitet wurde, hatte König Mohammed VI. zuvor eine Krisensitzung geleitet.

Der Regionalleiter des marokkanischen Kulturministeriums, Hassan Hernan, bestätigte am Samstag, dass die Gebäude der Medina von Marrakesch teilweise beschädigt worden seien. Einige der historischen Gebäude wiesen Risse auf. „Das Bild wird erst in 48 Stunden vollständig sein, aber sicher ist, dass der Schaden an wichtigen historischen Stätten in der Altstadt bisher gering ist“, sagte Hernan. Die historische Altstadt von Marrakesch, die auch Medina genannt wird, ist normalerweise ein beliebtes Ziel von Touristen und gilt als Unesco-Weltkulturerbe.

Epizentrum im Atlasgebirge

Das Beben ereignete sich am späten Freitagabend um 23.11 Uhr Ortszeit und dauerte mehrere Sekunden. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte es eine Stärke von 6,8, laut dem Helmholtz-Zentrum Potsdam 6,9. Das Epizentrum lag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch im Atlasgebirge. In der Bevölkerung in den Großstädten brach in der Nacht teilweise Panik aus. Dem USGS zufolge ereignete sich das Beben in einer Tiefe von 18,5 Kilometern. Erdbeben in einer solch geringen Tiefe sind laut Experten besonders gefährlich.

Auf Bildern und Videos in sozialen Netzwerken waren Trümmerhaufen, zerstörte Gebäude und beschädigte Teile der berühmten roten Mauern zu sehen, die die Altstadt von Marrakesch umgeben, ein Unesco-Weltkulturerbe. Andere Videos zeigten schreiende Menschen, die Restaurants in der Stadt verliessen. Aus vielen Provinzen wurden Tote gemeldet. Kurz nach dem ersten Beben kam es zu einem Nachbeben der Stärke 4,9. Aus Angst vor weiteren Erschütterungen blieben viele im Freien. Bewohner standen in Strassen oder kauerten auf Gehwegen.

Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach Überlebenden. Es wurde befürchtet, dass die offizielle Zahl der Opfer weiter steigt, wenn die Einsatzkräfte entlegene Regionen erreichen. Die marokkanische Nachrichtenseite Hespress berichtete unter Berufung auf das Innenministerium, die Streitkräfte und der Zivilschutz setzten alle Mittel ein, um Hilfe zu leisten und die Schäden zu begutachten. Demnach gibt es die meisten Schäden außerhalb der Städte.

Das Beben sei in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Es sei das erste Mal seit einem Jahrhundert, dass ein derart starkes Erdbeben in Marokko registriert worden sei. Die Erschütterung riss auch in Spanien und Portugal Menschen aus dem Schlaf. Auch in Algerien war es zu spüren. Ob es Schäden oder Opfer gab, wurde nicht bekannt.

Internationale Betroffenheit 

International war die Betroffenheit gross. Der deutsche SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz drĂĽckte sein MitgefĂĽhl aus. „In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei den Opfern des verheerenden Erdbebens“, teilte der Politiker auf der Plattform Twitter (X) mit. UNO-Generalsekretär AntĂłnio Guterres erklärte, die Vereinten Nationen stĂĽnden bereit, die Regierung Marokkos zu unterstĂĽtzen.

Italiens Präsident Sergio Mattarella bot dem König von Marokko, Mohammed VI., Hilfe bei den Rettungsarbeiten an. „Die Nachricht von dem Erdbeben, das Marokko heute Nacht heimgesucht hat, hat bei allen Italienern und bei mir persönlich groĂźe Trauer ausgelöst“, wurde Mattarella, der ebenfalls Hilfsbereitschaft bekundete, in einer Mitteilung zitiert. Italien war in den vergangenen Jahren immer wieder von schweren Erdbeben betroffen.

Auch EU-Ratspräsident Charles Michel sicherte Marokko die UnterstĂĽtzung der EU zu. Weitere Länder boten humanitäre Hilfe und UnterstĂĽtzung beim Wiederaufbau an, neben Spanien und Portugal auch Israel und GroĂźbritannien. Chinas Staatschef Xi Jinping sprach dem König von Marokko sein Beileid aus. Der Papst äuĂźerte in einem Kondolenzschreiben tiefe Trauer. US-Präsident Joe Biden zeigte sich „tieftraurig“.

Auch der tĂĽrkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drĂĽckte sein MitgefĂĽhl aus. „Wir stehen unseren marokkanischen Geschwistern an diesem schweren Tag mit allen Mitteln zur Seite“, schrieb Erdogan auf Twitter. Der SĂĽdosten seines Landes sowie Syrien waren Anfang Februar selbst von einem verheerenden Erdbeben der Stärke 7,8 getroffen worden – allein in der TĂĽrkei kamen dabei mehr als 50’000 Menschen ums Leben.

(APA/dpa/sda/Reuters) 

 

 

 

Helfer graben im Schutt eingestürzter Häuser in Dorf bei Amizmiz.

Bild: FADEL SENNA